Im Herbst 2017 erschien nach „Sagenhaftes Deutschland“ und „Sehnsucht Wald“ (zusammen mit Andreas Kieling) bereits mein dritter Bildband: Waldwelten. Mit einem aufgeklappten Format von fast 40x60cm und 320 Seiten ein wahrhaft gewaltiges Werk. Das Konzept hinter dem Buch ist die Schönheit und den Abwechslungsreichtum deutscher Wälder ins richtige Licht zu rücken. Naturwälder, vom Menschen über Jahrhunderte beeinflusste Kulturwälder, der Wald als Ideenort. Verschiedene Themen werden angeschnitten und besondere und sonderbare Waldgebiete besucht. Im letzten Kapitel wird außerdem jeweils ein wirklich einzigartiger Wald in den deutschen Nachbarländern vorgestellt, eine Einladung auch über die nationalen Grenzen hinaus Wunderwälder zu besuchen. Was ich mit den anderen beiden Büchern begonnen hab, gipfelt, oder soll ich eher sagen – wipfelt – in diesem Band. Die Essenz meines fotografischen Schaffens der letzten Jahren, im großen Format kommen die Bilder richtig zur Geltung. Gedruckt im Trentino kann die Aufmachung des Bandes voll überzeugen. Erhältlich ist das Mammutwerk im gut sortierten Buchhandel (empfohlen) in der realen Welt oder anderswo (amazon) für 99 Euro.
ISBN-13: 978-3954162291
Verlag: Frederking & Thaler Verlag GmbH; Auflage: 1 (3. Oktober 2017)
Warum der Wald der optimale Arbeitsplatz für einen farbenblinden Fotografen ist
Wald ist Vielfalt. Er ist gleichzeitig Lebensraum, Erlebnisraum und Wirtschaftsraum. Über zwei Jahre lang verbrachte ich fast jede freie Minute im Wald, um am Bildband „Waldwelten“ zu arbeiten. Die Vision war ein Bildband, der die geheimnisvolle Ausstrahlung alter Wälder in Fotografien erlebbar macht.
Zum Sujet Wald fand ich während der Arbeit am Buch „Sagenhaftes Deutschland“ (2015). Mir fiel auf, dass zwischen Nordsee und Alpen unheimlich abwechslungsreiche Waldlandschaften zu finden sind und auch die Herausforderung Waldfotografie reizte mich. Denn den Wald so zu fotografieren, wie man ihn in der Realität erlebt ist schwierig.
Meine Farbenfehlsichtigkeit half mir dabei eine eigene Herangehensweise zu finden. Vielerorts erscheint uns Wald als Chaos, in dem es schwer fällt eine kompositorische Ordnung zu finden. Aber genau daher wandelte sich die Rot-Grün-Schwäche von einem Nach- zu einem Vorteil. Die für mich sowieso undifferenzierten Farben blende ich soweit es geht aus und konzentriere mich völlig auf Linien, Muster und Strukturen. In der Fotografie soll der dreidimensionale Raum des Waldes soll auf eine zweidimensionale Ebene reduziert werden. Dieses fotografische Sehen im Wald muss trainiert werden: Der hohe Kontrastumfang und die chaotische Anordnung der Bäume sind Herausforderungen der Waldfotografie. Durch den Fokus auf Strukturen und Muster gelang es mir den Wald auch in Fotografien räumlich erlebbar zu machen.
Ein weiteres wichtiges Stilmittel ist der Nebel. Gerade bei Nebel und Dunst gelingen Bilder, auf denen die verschiedenen Ebenen des Waldes geordnet erscheinen und der Fokus auf bestimmte Bildelemente gelenkt wird.
Wie der Künstler auf der Leinwand die Bildelemente arrangiert, nutze ich den Nebel als Weißraum für meine Kompositionen.
Meine ersten Walderfahrungen sammelte ich bereits in Kindertagen. Direkt hinter dem Haus meiner Eltern in der ostbayerischen Oberpfalz begann mit dem Wald eine Welt der Abenteuer. Das Gartentor war die Pforte zur ersten Freiheit.
Früher war der Wald nur ein Spielplatz – heute ist er mein Arbeitsplatz.
Ein Arbeitsplatz, der sich über das komplette Land erstreckt. Denn Wald ist nicht gleich Wald. Angefangen von den Buchenwäldern an den Steilküsten der Ostsee bis hin zu den mit dem Wetter ringenden Fichtenwäldern Alpen finden sich sehr unterschiedliche Ansichten. Auf ca. 60.000 Kilometern lernte ich die gesamte Waldvielfalt kennen und unternahm auch Exkursionen in die Nachbarländer. Zweimal erlebte ich den Lauf der Jahreszeiten, oft besuchte ich den gleichen Ort zu verschiedenen Zeipunkten im Jahr um die Veränderungen wahrzunehmen.
Dass es bei den Touren in der ersten Morgendämmerung auch die ein oder andere abenteuerliche Situation zu bestehen gab, versteht sich von selbst. Am meisten Respekt hab ich vor Wildschweinen. Bei einer Rotte Schwarzwild mit Nachwuchs ist stets Vorsicht geboten. Andererseits gehören Wildschweine zu den häufigsten Begegnungen im Wald, da die Fluchtdistanz relativ gering ist. In einem Buchenwald mit wenig Unterwuchs riecht, sieht oder hört man Wildschweine meist schon aus größerer Distanz.
Einmal jedoch wurde es doch ein bisschen brenzlig. Der Waldboden war von über 1,50 Meter hohem Farn bedeckt und das irgendwas mit hoher Geschwindigkeit auf mich zukam, merkte ich allein an den rasant wegknickenden Farnwedeln. Eine kleine Klettereinlage auf einen Baum war naheliegend in dieser Situation.
Was mir ebenfalls häufig weiterhalf, um den Tieren die eigene Anwesenheit im Wald zu vermitteln, war das lautstarke Singen des Liedes „Hey Jude“ von den Beatles.
Der Mensch ist eben nur Gast im Wald und das bekommt er bei regelmäßigen Besuchen auch hin und wieder zu spüren.
Dass nicht immer alle reibungslos abläuft, gehört aber zum Naturfotografenalltag dazu und hinderte mich auch nicht daran, an diesem opulenten Bildband weiterzuarbeiten. Ich fand echte Urwaldreste, Kulturwälder die für Urwälder gehalten werden und die Urwälder von Morgen. Von Schwarzerlen die mehr oder weniger direkt im Wasser stehen bis hin zu auf kargstem Fels wurzelnden Kiefern ist eine Vielzahl von Baumarten vertreten. Die visuelle Essenz von zwei Jahren Walderfahrung mündete im Buch „Waldwelten“: Der Versuch die Magie des Waldes in Fotografien lebending zu machen.