Das Thema Künstliche Intelligenz ist spätestens seit 2023 in aller Munde. Auch die Fotografie wird dadurch vor große Herausforderungen gestellt. Darüber, wie sich auch meine Arbeit als Fotograf verändern wird, ließe sich ausgiebig philosophieren. Aber bevor über Zukunftsszenarien spekuliert wird, befassen wir uns doch mit der Gegenwart. Die erste große Woge an AI Bildern (ich verwende im Artikel AI Bilder synonym zu KI Bilder) ist im letzten Jahr über die Fotoseiten der Sozialen Netzwerke hinweggerollt. Dabei zeigte sich schnell, dass AI für das Generieren von vollständig neuen Szenen auf zwei unterschiedliche Arten eingesetzt wird. Zum einen gibt es diejenigen, die AI als Werkzeug verstehen, um völlig neue Welten zu kreieren und diese im Normalfall auch als AI Schöpfung zu kennzeichnen. Derartige Arbeiten können sehr spannend und inspirierend sein. Zum anderen gibt es aber auch noch jene Leute, die versuchen mit AI reale Fotos nachzuahmen und damit ohne Kennzeichnung auf Gefällt-mir-Angaben in den Sozialen Medien aus sind. Gerne werden dazu die mit AI geschaffenen Bilder noch mit realen Erfahrungen in der Bildbeschreibung kombiniert („letztes Wochenende im Schwarzwald erlebte ich diese spektakuläre Stimmung“). Um Bildkreationen der letztgenannten Art soll es in diesem Artikel hauptsächlich gehen. Mit dem Schwerpunkt auf Waldfotografie, da gerade dort relativ viel AI Bilder (Nicht AI Fotos!) auftauchen. Vermutlich weil es eine viel größere Herausforderung ist, überzeugende Waldfotos mit der Kamera zu machen als sie mit AI simulieren zu lassen.

AI Bilder im Selbstversuch

Um das Erschaffen von Bildern mit AI zu verstehen, hab ich mich 2023 im Rahmen einer Vorbereitung auf einen Podcast mit Onetz selbst recht intensiv mit dem AI Bildgenerator Midjourney beschäftigt. Dabei versuchte ich sowohl völlig neue Welten zu gestalten, andererseits aber auch durch die AI „Fotos“ in meinem Stil generieren zu lassen. Die Vorgehensweise war, mit einem passenden Prompt (sozusagen das Textrezept nach dem Midjourney ein Bild generiert) einer eigenen Bildidee möglichst nahe zu kommen. Dann kann die von Midjourney berechneten Darstellungen mit verschiedenen Parametern praktisch unendlich oft wiederholt werden, bis eine Darstellung der eigenen Vorstellung weitgehend entspricht. Sprich das Rezept gibt die grundsätzliche Motivgestaltung vor, aber was von Midjourney letztendlich ausgespuckt wird ist von vielen Zufällen abhängig und beruht auf Milliarden virtuellen Bildschnipseln, welche das Programm durch „Training“ verinnerlicht hat. Dass diese zugrunde liegenden Bilder irgendwann überwiegend von Menschen entworfen wurden eröffnet natürlich die Frage nach dem Copyright. In diesem Zusammenhang aber auch weit darüber hinaus (selbstreferentielle Ader von AI) fand ich einen Guardian Artikel sehr aufschlussreich. Aber jetzt mal einige meiner AI Kreationen. Zunächst machte das entwerfen LASSEN schon ein wenig Spaß. Aber recht schnell fühlte sich der Prozess ziemlich „leer“ an. Vermutlich bin ich jemand der den Gestaltungsprozess von der Idee bis zum Endresultat gern selbst nachvollzieht. Die zufallsgenerierten Bildvarianten fand ich doch bald ermüdend (gut sichtbar sind derartige Varianten beim Bildquartett #4).

Futuristische Eishöhle mit bewohnbaren Betonsphären:

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Ein aus Holz gezimmterter Steampunk Roboter zwischen Fachwerk-Häusern

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Viel zu viele Fake Fotografen (4 Midjourney Varianten)

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Kilian Schönberger mit wucherndem AI Bart

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Danach begab ich mich auf die Spuren meiner Fotografie mithilfe von AI generierten Bildern. Spannend war zu sehen, welche reale Fotografen auf Midjourney besonders populär imitiert wurden. Auch mein Name wurde in Prompts verwendet, vor allem um Waldbilder zu generieren. Das musste ich natürlich selbst ausprobieren und ließ Midjourney verschiedene „Fotos“ im Stil von Kilian Schönberger berechnen. Die Ergebnisse überzeugten mich nicht zu 100% – sie wirkten, als wären sie eher einem Fantasy-Film entsprungen. Dennoch war es  spannend zu sehen wie das AI Tool mit meiner fotografischen Bildsprache umging und mit exakteren Prompt-Parametern wäre sicher noch realistischere Ergebnisse möglich gewesen.

Waldfoto im Stil von Kilian Schönberger (4 Midjourney Varianten)

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Die größte Überraschung beim Berechnen von Bildern im Stil von „Fotos von Kilian Schönberger“ war dieses Motiv, das neben einer nebligen Waldszene in der unteren rechten Ecke weißes, an einen Schriftzug erinnerendes Gekrakel zeigt. Tatsächlich befindet sich an dieser Stelle bei vielen meiner Fotos eine ganz kleine Signatur. Die AI hat also versucht neben den Fotos auch diesen Schriftzug mit zu generieren. Der 2023er Algorithmus von Midjourney war noch nicht besonders ausgereift. In Zukunft wird die Annäherung an die Vorlagenfotos tatsächlich beinahe fotorealistisch aussehen. Eine Annäherung an das Ergebnis, aber der Entstehungsprozess bei Foto und KI Bild könnte unterschiedlicher nicht sein.

KI & AI Bilder erkennen

Meine Begeisterung für das Generieren von vollständigen AI-Bildern ließ rasch wieder nach. Gleichzeitig halten momentan auch in herkömmlicher Software (Adobe Photoshop z.B.) immer mehr AI-Elemente Einzug. Gerade beim punktuellen Einsatz von AI ist die Analyse des Bildinhalts schwierig. Wobei partielle Manipulationen wohl schon immer zur Fotografie dazu gehören. Und wenn ich mir anschaue, mit welchen künstlichen atmosphärischen Bildelementen einige der bekanntesten Namen der internationalen Landschaftsfotografie-Szene bereits vor Jahren gearbeitet haben (invasiver Fake-Nebel und Fake-Wolken), dann war der Übergang vom Foto zum Composing schon immer fließend. Bei mir beschränkt sich die Veränderung von Fotoinhalten vor allem auf kleine Korrekturen (auffällige Wegweiser, Markierungen und Schilder), selten auch mal eine Stromleitung (z.B. wenn kein Aufnahmepunkt möglich ist, der sie ausblendet). Den generellen Natureindruck versuche ich beizubehalten. Hinsichtlich der Bildatmosphäre (Licht & Wetter) arbeite ich beim Processing mit den Elementen, die ich während der Aufnahme vorgefunden habe.

Mit AI ist dagegen alles möglich. Nach dieser Einführung zum Thema AI-Bilder (die ich für nötig hielt, weil der Kenntnisstand zum Thema sehr unterschiedlich ist), jetzt endlich ein paar Tipps, wie bei Waldbildern AI-Fakes erkannt werden können. Die unten gezeigten Bilder habe ich Instagram entnommen, die jeweils Postenden wollten den Anschein erwecken, als wären es Fotos. Auf AI-Bildern kann kein Copyright sein, da sie ihrerseits auf von Menschen geschaffenem visuellen Content basieren.

Doch woran lässt sich erkennen, ob jemand ein Foto gepostet hat oder ein AI-Bild (oder KI-Bild)? Zunächst reicht oft ein Blick auf das Portfolio dieser Person oder auf vergangene Posts, insbesondere jene vor 2023. Wenn ein plötzlicher Sprung bei der Bildqualität festzustellen ist (jedes Bild mit spektakulärer Stimmung, ausgewogene Kompositionen etc.), empfiehlt es sich, näher hinzuschauen. Aufgrund meines eigenen Schwerpunktes Wald, Berge, Nebel weiß ich, wie schwierig es ist, Nebel korrekt vorherzusagen. Mehrere Tage intensive Vorbereitung führen zu diesen einzigartigen Stimmungen. Ein langsamer Prozess und selbst nach über 15 Jahren Fotografieren in diesen Sujets kann ich die jährliche Ausbeute an perfekten Stimmungen meist an ein bis zwei Händen abzählen. Die Wahrscheinlichkeit eines spontanen Qualitätssprungs bei den veröffentlichten Arbeiten ist also gering. Gleichzeitig sind Profile verdächtig, die erst seit 2023 aktiv sind und nur unkonkrete Orte zeigen.

Jetzt zu zwei AI-Bildern, die als „Waldfotos“ veröffentlicht wurden:

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Auf den ersten Blick zwei stimmige Waldszenen mit guter Komposition und perfekter jahreszeitlicher Atmosphäre. Ähnlich wie bei KI generierten Menschen ist alles ein wenig zu „glatt“. Noch, denn natürlich holt die künstliche Intelligenz immer weiter auf. Aber stand jetzt gibt es eindeutige Hinweise dass ein Foto ein Fake-Bild ist. Gerade bei Waldmotiven. Leider haben uns Soziale Netzwerke gelehrt, Bildinhalte als visuelles Fast Food zu konsumieren. Feeds werden durchgescrollt und nur bei attraktiven Inhalten wird kurz gestoppt. Hier sind die AI Bilder aufgrund der zugrundeliegenden Algorithmen und Gestaltungsformeln schon mal im Vorteil. Aber im Zweifel lohnt es sich ein wenig in die Bilder hineinzuzoomen. 

Die KI hat nicht nur Schwierigkeiten Finger und Buchstaben korrekt darzustellen, sondern auch bei Ästen und Zweigen scheitert sie die natürlichen Strukturen zu kopieren. Äste erscheinen netzartig und die Wuchsrichtung entspricht nicht den natürlichen Strukturen

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Lichtstrahlen verweisen nicht in ein gemeinsames Zentrum, ändern die Richtung oder passen nicht zu den Lücken im Geäst

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Stämme im Hintergrund setzen sich nicht nach oben fort und beginnen scheinbar ohne Ansatz

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Bodenstrukturen sind repetitiv

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Feine Aststrukturen weisen unnatürliche Verbindungen, Formen und netzartige Strukturen auf

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Bäume an unterschiedlichen Positionen im Raum verschwimmen, Wuchsformen sind unnatürlich, Wiederholung von Astkomponenten

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Gras am Waldboden weist eine spinnwebenartig Netzstruktur auf, in der einzelne Halme nicht logisch nachvollzogen werden können

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Schattenwurf, Farbtemperatur der Licht- und Schattenbereiche sind fleckenhaft verteilt und entsprechen nicht der realen Erwartbarkeit

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Die einfachste Weg – noch – ist also ein wenig in die Bilder hineinzuzoomen und die natürlichen Feinstrukturen genauer zu betrachten. Insbesondere bei filigranen Linien wie Zweigen, Grashalmen etc. tut sich die KI noch schwer. Natürlich ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis auch diese Bereiche realistischer abgebildet werden. Aber die Hoffnung ist, dass bis zu diesem Zeitpunkt dann auch die Wertschätzung für in der Natur aufgenommene Fotos gestiegen ist und nicht mehr das „visuelle Fast Food“ im Vordergrund steht. Der Entstehungsprozess von Fotos wird meiner Meinung nach in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Warum veröffentlichen Menschen Fake-Bilder als reale Fotos?

Gute Frage. Ich habe nichts gegen AI per se, damit können tolle Bilder entstehen, aber eben keine Fotos. Ein Foto ist für mich – trotz aller Bearbeitungsmöglichkeiten – immer ein Abbild einer realen Situation. Gerade bei der Landschaftsfotografie und der Naturfotografie ist die Aufnahme im Gelände doch mit der befriedigendste Aspekt. Zumindest für mich – eine Sichtweise die ich auch bei mienen Worksops vermittle. Wer AI Bilder / KI Bilder erschafft um ein Foto zu imitieren und diese dann mit Aussagen wie „aufgenommen beim gestrigen Morgenspaziergang“ kombiniert, hat vermutlich nur das Ziel im virtuellen Raum Aufmerksamkeit zu erzeugen. Likes und Gefällt-mir-Angaben als emotionales Belohnungssystem. Selbst wenn der virtuelle Zuspruch auf einer Lüge basiert.

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Hier ein Beispiel für ein AI-Bild, das mit einer realen Ortsbezeichnung versehen im Internet als angebliches Foto hochgeladen wurde. Wer kennt sie nicht, die Lorbeerwälder an den Steilhängen der Leine bei Hannover? Auch in diesem Fall offenbarte ein genauer Blick die Herkunft des Bildes aus dem AI-Generator (z.B. Laubstruktur auf dem Weg, Wuchs der Stämme und Äste). Ein darauf abzielender Kommentar wurde natürlich gelöscht und die Kommentarfunktion eingeschränkt. In einem neuen Post wurden dann zwei tatsächliche Fotos von normalen kahlen Baumkronen gezeigt, um zu beweisen, dass es in Deutschland keine tanzenden Bäume gibt. Ein paar nette Zeilen wurden in meine Richtung verfasst.

Derartiges Verhalten lässt sich immer wieder feststellen. Einer der Gründe, an den „AI-Bildern als Fotos“ mit realen Ortsbezeichnungen festzuhalten, könnte z.B. sein, dass diese Bilder dann auch von Tourismus-Accounts eher geteilt werden. Problematisch ist dabei auch, dass heutzutage kaum mehr eine Bildredaktion stattfindet und selbst professionelle Accounts unbedarft alles teilen, was einen schnellen emotionalen Kick verspricht.

Natürlich liegt auf der Hand, dass die Analyse von AI-Fake-Fotos immer schwieriger werden wird. Mit schwerwiegenden Folgen, dass z.B. die Geschichte umgeschrieben wird (mittlerweile sind auch auf Accounts zum Thema Geschichte / historische Fotos) zunehmend auf alte getrimmte AI-Fotos zu finden sind, welche die historischen Narrative verwässern und verändern. Viel zu verbreitet ist die Einstellung, etwas, was wie ein Foto aussieht, als wahr einzuordnen. Doch nicht nur die Vergangenheit wird dadurch verändert, sondern auch die Gegenwart wird umgeschrieben. Konflikte werden durch eine Flut von AI-generierten Darstellungen begleitet, die bis auf internationale Ebene Vorbehalte und Hass schüren. Das Vertrauen in das Medium Foto wird dadurch wohl zunehmend schwinden. Die Gefahr ist, dass die Menschen sich ihre Realität noch stärker aus subjektiven Wahrnehmungen konstruieren werden, die den eigenen Standpunkten entsprechen. Der weitere Verlust der gemeinsamen Realität ist für mich eine der großen Gefahren der nächsten 20 Jahre. Natürlich wurden Bilder und Fotos schon immer manipuliert – aber die Dimension der aktuellen Veränderung können wir vermutlich noch nicht abschätzen.

AI-Kunst hat durchaus ihre Berechtigung und AI kann ein wirkungsvolles Hilfsmittel sein, um auch Fotografien zu optimieren. Aber letztendlich tragen wir Fotografen ein Stück weit dazu bei, wie dieses Werkzeug in Zukunft eingesetzt werden wird.

2 thoughts on “KI & AI Bilder erkennen: Fotografie vs fotorealistische Bilder

  1. Hallo Kilian, ich hoffe dass es zeitnah verpflichtend wird mit KI generierte Bilder zu kennzeichnen. Ich finde auch viele dieser Arbeiten extrem cool, vor allem wenn sie meine Fantasie anregen. Ein echtes Foto bleibt aber ein echtes Foto. Es wird genauso Bestand haben wie Bücher, die ja nach dem Erscheinen der ersten E-Books tot gesagt wurden. Ich bin sogar sicher dass der Wert guter handgemachter Fotos an Wert gewinnen wird. Unabhängig davon ist für mich der Prozess des Fotografierens und die damit verbundene Herausforderung und das Erlebnis wichtiger als das Ergebnis. Vielen Dank für die vertiefenden Einblicke.

    1. KSP sagt:

      Hallo Steffen, danke für deinen Kommentar, ich denke dass sich das mit den KI generierten Bildern nicht mehr vollständig zurückdrehen lassen wird. Auch eine Kennzeichnung wird da nicht allzuviel ändern. Vermutlich wird bei der Fotografie selbst der Prozess wichtiger werde. Ein noch größeres Revival der analogen Fotografie scheint auch möglich. Aber letztendlich führt jede Innovation zu Veränderungen, es ergeben sich also auch Chancen. Ich bin neugierig was die Zukunft bringt.

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