Raureif winter wald

Kamera: Nikon Z8

Objektiv: Nikon 24-120mm f4

Exifs: 27mm | 1/25s | f13 | iso400

Der diesjährige Winter in Bayern ist der schneeärmste, an den ich mich erinnern kann. Am Alpenrand sind die Hänge oft bis 1300 Meter aper, und die von Schnee bedeckten Winterlandschaften sind eine Seltenheit geworden. In den letzten Wochen dominieren Hochdruckgebiete das Wettergeschehen. Wenig Niederschlag, aber stabile Luftmassen, die in den Niederungen oft Nebelbildung begünstigen. Statt Schnee ist der Nebel derzeit der ständige Begleiter. Da die Temperaturen im grauen Dämmerlicht häufig knapp unter dem Gefrierpunkt liegen, ziert Raureif die Landschaft und sorgt für eine winterliche Atmosphäre.

Zum Glück gibt es im Chiemgau für jede Wetterlage mindestens einen geeigneten Spot. Inzwischen habe ich hunderte von Locations für unterschiedliche Jahreszeiten und Lichtstimmungen recherchiert. Das Locationscouting und die Suche nach neuen Perspektiven sind für mich ein essenzieller Teil der Landschaftsfotografie. Dabei ist es auch wichtig, die ungefähre Seehöhe der Orte zu kennen, um flexibel auf Änderungen der Nebelhöhe reagieren zu können.

Aber nicht immer ist der Spot entscheidend für die Bildgestaltung. Landschaftsfotografen werden nicht umsonst als „Jäger des Lichts“ bezeichnet. Manchmal muss das Licht tatsächlich gejagt werden – es kommt nicht immer an den zuvor recherchierten Orten vorbei. Gestern war so ein Tag. Eigentlich war ich im Chiemgau unterwegs, um an einem Waldspot das Nebelgrau als neutrale Atmosphäre zu nutzen. Doch plötzlich bemerkte ich, dass diffuses Licht durch den Nebel schimmerte. Ein kurzer Blick auf die Karte ließ mich meine Pläne ändern: Das Licht war verlockender als der geplante Spot. Ich entschloss mich, eine bewaldete Kuppe anzusteuern und eilte einem Karrenweg entlang dem Licht entgegen.

Die Gräser und Zweige auf beiden Seiten waren von Raureif überzogen, aber mit der Lichtstimmung war ich noch nicht ganz zufrieden. Also setzte ich meinen Weg fort, in der Hoffnung, in den höheren Lagen auf einen fotogenen Hochwald zu stoßen. Kurz nach einem kleinen Kahlschlag führte der Weg in einen dichten Fichtenwald. Obwohl Fichtenbestände oft kritisiert werden (wegen Monokulturen), mag ich sie persönlich. Der Nebel hielt sich zwischen den Nadelbäumen, während die Sonne von oben die Szene flutete. Genau so hatte ich mir diesen Ort vorgestellt, um das Beste aus Nebel, Licht und Raureif herauszuholen. Das warme Licht traf auf die bläulich schimmernden Schattenbereiche.

Bei dieser Art der Fotografie gibt es kein Zurücklehnen. Die Lichtstrahlen sind oft ein Hinweis darauf, dass der Nebel bereits zu verschwinden beginnt. Wer zögert, verpasst den Moment. Die Kompositionsfindung muss schnell gehen, denn innerhalb von Minuten kann die Stimmung völlig verschwinden. Glücklicherweise war der Höhenzug noch nicht zu Ende. Ich setzte meinen Weg fort und stieß auf einen Steilhang mit schönen Buchen und einer stimmigen Atmosphäre. Durch diesen spontanen Abstecher entdeckte ich eine Ecke, die ich nie als potenzielle Location in Betracht gezogen hatte.

Das ist für mich einer der schönsten Aspekte der Landschaftsfotografie: das Erkunden des Unbekannten. Natürlich ist es auch wunderbar, an einem bekannten Spot großartige Bedingungen vorzufinden, aber das Abenteuer des Entdeckens neuer, unerforschter Orte ist besonders reizvoll.

Chiemgau, Bayern, Deutschland. 

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